Freitag, 11. Februar 2011

hermann hesse zitate - unterm rad


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hans giebenrath war ohne zweifel ein begabtes kind;
es genügte,ihn anzusehen,wie fein und abgesondert
er zwischen den andern herumlief.das kleine
schwarzwaldnest zeitigte sonst keine solche figuren,
es war von dort nie ein mensch ausgegangen,
der einen blick und eine wirkung über das engste hinaus
gehabt hätte-gott weiss,wo der knabe die ernsthaften
augen und die gescheite stirn und das feine im gang
her hatte.vielleicht von der mutter ? sie war seit
jahren tot,und man hatte zu ihren lebzeiten nichts
auffalendes an ihr bemerkt,als dass sie ewig kränklich
bekümmert gewesen war.der vater kam nicht in betracht.
also war wirklich einmal der geheimnisvolle funke
von oben in das alte nest gesprungen,das in seinen
acht bis neun jahrhunderten so viele tüchtige bürger,
aber noch nie ein talent oder genie hervorgebracht hatte.
ein modern geschulter beobachter hätte,
sich an die schwächliche mutter und an das stattliche
alter der familie erinnernd,von hypertrophie der intelligenz
als symptom einer ensetzenden degeneration sprechen können

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der mensch,wie ihn die natur erschafft,ist etwas unberechenbares,
undurchsichtiges,gefährliches.er ist ein von unbekanntem berge
herbrechender strom und ist ein urwald ohne weg und ordnung.
und wie ein urwald gelichtet und gereinigt und gewaltsam
eingeschränkt werden muss,so muss die schule den natürlichen
menschen zerbrechen,besiegen und gewaltsam einschränken;
ihre aufgabe ist es,ihn nach obrigkeitlicherseits
gebilligten grundsätzen zu einem nützlichen gliede der
gesellschaft zu machen und die eigenschaften in ihm zu wecken,
deren völlige ausbildung alsdann die sorgfältige zucht
der kaserne krönend beendigt

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vor nichts graut lehrern so sehr wie vor den seltsamen
erscheinungen,die am wesen früh entwickelter knaben
in dem ohnehin gefährlichen alter der beginnenden
jünglingsgärung hervortreten.
an heilner war ihnen ohnehin von jeher ein gewisses
geniewesen unheimlich - zwischen genie und lehrerzunft
ist eben von alters eine tiefe kluft befestigt,
und was von solchen leuten sich auf schulen zeigt,
ist den professoren von vornherein ein greul.
für sie sind genies jene schlimmen,die keinen
respekt vor ihnen haben,die mit vierzehn jahren
zu rauchen beginnen,mit fünfzehn sich verlieben,
mit sechzen in die kneipen gehen,welche verbotene
bücher lesen,freche aufsätze schreiben,den lehrer
gelegentlich höhnisch fixieren und im diarium als
anführer und karzerkandidaten notiert werden.

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es war kein wunder,dass alles nicht helfen wollte.
jedes gesunde leben muss einen inhalt und ein zeil haben,
und das war dem jungen giebenrath verlorengegangen.
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