Sonntag, 30. Juni 2013

richard david precht zitate - wer bin ich und wenn ja wie viele

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allein, mit der freiheit des willens ist das so eine sache. wie wir bereits
gesehen haben, sind die meisten hirnforscher in dieser frage heute
völlig anderer meinung als sartre. für sie ist der mensch unfrei. erstens ist er
ein produkt seiner anlagen, seiner erfahrung und seiner erziehung.
und zweitens: nicht unser taghelles bewusstsein sagt uns, was wir zu tun haben,
sondern unser nachtdunkles unterbewusstsein. selbst wenn ich mich
von vielen äußeren zwängen löse - meine wünsche, absichten und sehnsüchte
bleiben doh in jeden fall unfrei. nicht ich verfüge über meine bedürfnisse,
sondern sie verfügen über mich! und genau deshalb, so meinen viele
hirnforscher, kann ich mich unter keinen umständen "neu erfinden".
das ist nun in der tat eine deprimierende nachricht.

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wenn ich durch meine erfahrung, erziehung und bildung tatsächlich zur
sozialen unfreiheit bestimmt bin, dann wiederhole ich in meinem handeln in
wahrheit nur soziale programme, spiele rollen, erfülle normen
und folge einem sozialen drehbuch. was ich für meinen willen halte,
meine ideen und meinen esprit, ist nichts als der reflex von ideologien und
kulturellen mustern. mit anderen worten: ich habe gar keinen willen
und keine eigenen vorstellungen, sondern ich schreibe sie mir nur zu.

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dabei lassen sich sinnliche und geistige liebesempfindungen, komplexere
liebesgefühleund auch einen moralischen imperativ unterscheiden,
wie etwa das chrisliche gebot: "liebe deinen nächsten wie dich selbst".
der sinn des letzteren, den es in ähnlicher form auch in anderen religionen
gibt, lässt sich allerdings bezweifeln. liebesgefühle können gemeinhin
nicht durch aufforderung erzeugt werden. zur absicherung von moral sind sie
somit ziemlich fragwürdig. "achte deinen nächsten, obwohl du ihn nicht
liebst" wäre sicherlich die geringere überforderung

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drei jahre verliebtheit gilt als maximum der gefühle, drei bis zwölf monate
als der durchschnitt. bei vier jahren partnerschaftlichen bindung liegt
laut internationaler statistik die durchschnittlichescheidungszeit.
de zahnlücken, die vorher unsichtbar waren, treten un besonders deutlich
zutage. für den erfolg der partnerschaft zählt biochemisch jetzt
nur noch das oxytocin.
was lässt sich damit über die liebe sagen ? was haben wir zwischen
oxytocin-rezeptoren und der "selbstdarstellung im blick des anderen" gelernt ?
wo liegt zwischen hirn und luhmann die wahrheit ?
alles neue erregt, alles überraschende stimuliert - negativ wie positiv.
unwahrscheinliches erregt mehr als wahrscheinliches. unsicherheit irritiert im
schlechten wie im guten.

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